Karin Sommer - 03 - In tiefem Schlaf by Gretelise Holm

Autor:Gretelise Holm [Holm, Gretelise]
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
veröffentlicht: 2014-06-25T22:00:00+00:00

Karin sah sich das Foto an. In dem Begleitartikel waren die Kleidermarken genau angegeben, selbst die Schuhmarke hatte der Zeuge der Polizei mit Sicherheit benennen können.

»Was für ein unglaublich aufmerksamer Zeuge«, sagte sie zu dem entstellten Bodyguard und zeigte ihm das Bild.

Karin hatte beschlossen, dass Beste aus der Situation zu machen und für einen entspannten Kontakt zu sorgen, wenn sie schon den ganzen Tag mit einem Fremden zusammen sein musste.

Michael nickte – ein klein wenig unaufmerksam. »Ja, das kann man wohl sagen«, antwortete er.

Hinter der äußeren Ruhe machte sich Panik breit. Zum ersten Mal sah er einen kleinen Vorteil darin, fast das halbe Gesicht verloren zu haben, denn niemand würde ihn unmittelbar mit dem Foto in Verbindung bringen, mit der Beschreibung eines schönen Mannes oder mit der Zeichnung, die die Polizei erstellen ließ. – Doch dieser Zeuge, der so aufmerksam war, würde ihn bestimmt auch an einer Gesichtshälfte wiedererkennen.

Wie zum Teufel konnte ihn jemand gesehen haben? Er war sich völlig sicher gewesen, dass niemand in der Nähe gewesen war, als er das Kondom von der Erde aufgelesen hatte.

Er musste den Zeugen finden und unschädlich machen. In ein paar Tagen sollte er mit Karin nach Jütland fahren.

Doch zuerst musste er nach Hause und die Kleidung loswerden. Er sah auf die Uhr: Noch zwei Stunden bis zur Wachablösung.

Er fuhr so schnell, dass er nur eine Dreiviertelstunde bis Islands Brygge in Kopenhagen brauchte.

Schnell hatte er die Boss-Jeans und das Armani-Sakko in kleine Fetzen geschnitten und auf zehn Abfallsäcke verteilt, die er zuschnürte. Mit den Schuhen, den soliden Timberlands, war das schon schwieriger. Er musste sie so zurichten, dass sie nicht mehr tragbar aussahen. Nach einigem Suchen fand er einen Rest Farbe, den er über sie kippte, sodass jeder verstehen würde, warum sie weggeworfen worden waren. Er steckte die Schuhe in zwei verschiedene Abfalltüten und schnürte sie ebenfalls zu.

Dann verstaute er alle Tüten in einer riesigen Einkaufstasche von Illum und fuhr nach Vesterbro, wo er die einzelnen Tüten auf zwölf verschiedene Mülleimer in vier verschiedenen Hinterhöfen verteilte.

Dann kam der schwierige Teil: herauszufinden, wer der aufmerksame Zeuge war, und ihn unschädlich zu machen.

Der Name des Zeugen würde im Polizeiprotokoll stehen und er wusste, dass Halfdan Thors Leute und der PET zusammenarbeiteten und ihre digitalen Protokolle austauschten. Das Problem war nur, dass er keinen unmittelbaren Zugang zu dem Material auf dem Computer hatte und auch nicht darum ersuchen konnte, weil ihn das später verdächtig machen würde. Der Computer würde automatisch registrieren, dass er in dem Programm gewesen war.

Er dachte sich einen kühnen Plan aus. Er wusste, dass der Computer von Kriminalassistent Lars Sejersen, der an dem Fall arbeitete, den größten Teil des Tages eingeschaltet war. Er wusste auch, dass Sejersen ein Gewohnheitsmensch war, der jeden Tag um 12.30 Uhr Mittag machte.

Das Glück war ihm so wohlgesonnen, dass er vor Freude hätte in die Luft springen können.

Sejersens Computer war nicht nur eingeschaltet. Die Akte mit dem Mordfall war auch geöffnet. Michael überflog schnell die einzelnen Dokumente. Die meisten hatten mit den Ermittlungen in den rechtsradikalen Kreisen zu tun, sah er.

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